Viele Notfallpatienten besitzen wichtige Dokumente nicht

Eine aktuelle Studie macht darauf aufmerksam, dass nur jeder zweite Notfallpatient in einer Klinik über eine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht verfügt. Die Konsequenzen können drastisch sein. Im Zweifel nämlich wird dann eine fremde Person als Betreuerin oder Betreuer eingesetzt, wenn der Patient nicht mehr für sich selbst entscheiden kann: Die Verwandten sind außen vor.

Es sind zwei Begriffe, die auf viele Bundesbürger eher abschreckend wirken: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Geht es doch sehr konkret um die Frage, was mit mir einmal passieren soll, wenn ich selbst für mich keine Entscheidungen mehr treffen kann. Zum Beispiel, weil nach einem Autounfall das Hirn so stark geschädigt wird, dass die betroffene Person im Wachkoma liegt. Gedanken, die man verständlicherweise lieber weit von sich schiebt!

Und doch sind beide Dokumente so wichtig, dass sie jeder erwachsene Bürger haben sollte. Darauf macht aktuell die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) aufmerksam. Also der Interessenverband jener Ärzte, die Notfallpatienten zuerst betreuen und versorgen. Die Mediziner haben eine Umfrage an einer Universitätsklinik in Hamburg unter knapp 1.000 Patienten durchgeführt. Mit erschreckendem Ergebnis: Nur circa jeder zweite Notfallpatient hatte wenigstens eines der beiden Dokumente vorliegen.

Den eigenen Willen erklären – Für den Fall, dass man selbst nicht mehr entscheiden kann

Welches Risiko aber bedeutet es, wenn man weder eine Vorsorgevollmacht noch Patientenverfügung besitzt? Dies kann man sich deutlich machen, indem man sich deren Aufgaben bewusst macht. Mit einer Patientenverfügung können Menschen konkret festlegen, welche medizinische Behandlung sie wünschen, wenn sie selbst nicht mehr entscheidungsfähig sind. Zum Beispiel, ob bei einem irreparablen Hirnschaden die künstliche Beatmung aufrecht erhalten bleiben soll.

Eine Vorsorgevollmacht hingegen legt fest, welche Personen wichtige Aufgaben übernehmen sollen, wenn man selbst nicht mehr entscheiden kann. Wer darf auf das Konto zugreifen? Wer darf Post und Briefe öffnen? Oder Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen treffen? Wichtige Fragen also, die nicht dem Zufall überlassen bleiben sollten!

Ohne dieses Dokument ist keineswegs garantiert, dass die Familie über den Besitz und Zustand des Patienten bestimmen darf, wenn er selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann. In Deutschland besteht ein Selbstbestimmungsrecht, das selbst gegenüber den engsten Angehörigen greift. Und so setzt das Sozialgericht im Zweifel eine fremden Person als Vormund für den Patienten ein. Mit anderen Worten: Nicht mehr die eigenen Angehörigen entscheiden über einen Menschen, sondern im schlimmsten Fall ein professioneller Betreuer, der auch Entscheidungen gegen den Willen der Familienmitglieder fällen darf!

„Jeder Bundesbürger ab dem 18. Lebensjahr sollte eine vollständige Vorsorgevollmacht hinterlegt haben. Nur die klärt im Ernstfall, wer für den erkrankten Patienten in Gesundheitsfragen entscheiden darf“, sagt folglich auch Professor Stefan Kluge, Präsidiumsmitglied bei DIVI und selbst als Notfallmediziner am Uniklinikum Hamburg tätig. Aber selbst wenn so ein Dokument vorliegt, ist der Patient nicht in jedem Fall abgesichert. Denn dieses sollte vollständig und gut lesbar sein. Dies ist ein weiteres Ergebnis der Befragung: Mehr als 40 Prozent aller vorliegenden Dokumente wiesen Mängel auf oder waren nur zum Teil ausgefüllt. Auch dann ist ein solches Schriftstück anfechtbar. Deshalb sollte man sich Rat bei einem Fachmann holen, etwa dem Hausarzt oder einem Juristen.

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